Armin Conrad fragt:
Soll ein Verleger auf die Buchmesse fahren?
Lothar Wekel antwortet:
Ein Verleger ist nichts anderes als ein Buchmensch, und Buchmenschen pilgern gerne auf Buchmessen, vor allem, wenn es die Frankfurter ist. Dort wechselt dann die Wahrnehmung sekündlich – was ihnen in der einen Halle groß erscheint, wird durch die nächste zur Miniatur. Glaubten sie eben noch, einen Überblick sich erarbeitet zu haben, schreiten sie gleich danach orientierungslos an Buchständen vorbei…
Was geschieht eigentlich auf der Buchmesse?
Dort werden Weltdeutungen, Welterfahrungen und Weltleiden gehandelt – in Einzeilern werden große Stoffe geteasert, wer über Geld verfügt, spielt wie im Poker in der Hoffnung, dass unter den vielen Stoffen seiner groß wird. Biografien werden gegeneinander und gegen den Zeitgeist abgewogen, Viten skaliert und aufgerechnet, Handlungsingredienzen gemischt und durch die KI geschleust. Und es bleibt dabei, dass das meistgestohlene Buch ein Bestseller wird.
Und die vielen Verkleideten …?
Sie kreieren schon eine eigene Welt und eine eigene Literatur, bei der es keinen literarischen Kanon mehr gibt und auch keine Kritiker, sie entwickeln selbst die Bücher mit den Autor*innen und sorgen für deren Verbreitung im Netz, lassen sich eigentlich nicht kategorisieren, auch wenn schon neue Rubriken für sie bereitgestellt wurden. Aktuell sind sie der Motor des Buchverkaufs inklusiv limitierter Editionen auf der Buchmesse, die Babyboomer-Generationen haben sich mit dem Ausspruch „wir haben schon genug Bücher“ ausgeklinkt und bringen Buch für Buch in die Bücherschränke.
Fotos: Frankfurter Buchmesse 2025 / Börsenblatt des Börsenvereins c: Chris Seeling