„Heinrich Mann – Ein politischer Träumer“ / Biografie

23.02.2021 / Förderverein Literaturhaus Wiesbaden


Hannah Mann schreibt, ihr Vater Jindrich Mann schreibt. 2018 hat er aus seinem Roman „Prag, poste restante“ im Wiesbadener Literaturhaus gelesen. Sein Großvater, Heinrich Mann, hat ein Leben lang geschrieben. Dessen Bruder Thomas ebenso. Auch seine Kinder schrieben. Die Manns – ein Clan, der schriftstellerische Leidenschaft in den Genen hat, oder auch, sich als Namensträger berufen fühlt, literarisches Erbe fortzusetzen?

An dessen Beginn stehen die beiden Brüder aus Lübeck, Heinrich und Thomas. Heinrich, der um vier Jahre Ältere, geboren 1871, ist in den 1920er Jahren der Berühmtere, bis Thomas ihn an Bekanntheitsgrad und Wertschätzung überholt. Bis heute denkt man ihn, wenn literaturgeschichtlich der Name ,Mann‘ fällt. Es ist Thomas Mann, der für seinen Roman „Buddenbrooks“ von 1901 (28 Jahre später) den Literatur-Nobelpreis erhält. Heinrich Manns „Professor Unrat“ (1905) dagegen ist allenfalls noch als Marlene-Dietrich-Film „Der blaue Engel“ in Erinnerung.

Politikwissenschaftler Günther Rüther will das mit „Heinrich Mann. Ein politischer Träumer“ ändern, einer neuen Biografie, herausgekommen im Marix Verlag im Wiesbadener Verlagshaus Römerweg. Akribisch kleinteilig verfolgt der Autor Heinrich Manns Lebensweg, dessen schriftstellerische Arbeit und politisches Denken. Das Verhältnis zum Bruder Thomas spielt dabei eine große Rolle …

Mario Krichbaum* liest Passagen aus der Heinrich-Mann-Biografie und beginnt mit der angespannten Beziehung zwischen den Brüdern Heinrich und Thomas. Warum gibt es diese Konkurrenz?

 

Wenn eingangs von der Familie Heinrich Manns die Rede war, so beginnt sie mit seiner ersten Heirat. Maria Kanová ist Tschechin und wird nach der Trennung und Hitlers Machtergreifung 1933 mit dem einzigen Kind, Tochter Leonie, nach Prag zurückkehren.

 

Ein politisch engagierter Heinrich Mann fühlt sich in der Weimarer Republik aufgehoben, während sich Thomas als Künstler allen Wirren des Profanen überlegen fühlt.

Anfang der 30er Jahre wird Heinrich Mann Präsident der Sektion Dichtkunst der  Preußischen Akademie der Künste und sein 60. Geburtstag in Berlin groß gefeiert. 1933 muss er Deutschland verlassen und emigriert nach Nizza, wo er bis 1940 lebt.

Mario Krichbaum stimmt diese verschiedenen Lebensphasen in den drei folgenden Podcasts an.

 

 

 

Heinrich Manns Flucht aus dem besetzten Frankreich nach Marseille, über die Pyrenäen bis nach Lissabon, wo noch Schiffe für die Überfahrt nach Amerika zu ergattern waren, gehört zu dem Abenteuerlichsten, was deutsche Emigranten, darunter Neffe Golo, das Ehepaar Feuchtwanger und Franz und Alma Werfel (ehemals Mahler) erlebt haben.

 

Im amerikanischen Exil findet Heinrich Mann weder eine zufriedenstellende Arbeit noch sich überhaupt zurecht. Er schreibt freilich weiter, u.a. seine Memoiren: „Ein Zeitalter wird besichtigt“, doch es bietet sich ihm nicht mehr viel – bis auf die späte Wertschätzung in der gerade gegründeten DDR mit Nationalpreis und Angebot des Akademiepräsidenten. Annehmen kann er beides nicht mehr. Heinrich Mann stirbt 1950 in Santa Monica.

Es ist Thomas‘ Frau Katia, die sich in Heinrichs letzter Lebenszeit um den Schwager kümmert. Nach dem Freitod seiner eigenen Frau Nelly war Heinrich ganz auf die Bruder-Familie angewiesen. Biograf Günther Rüther fasst es so zusammen: „Die Familie galt ihm stets viel. Allen voran verehrte er seinen Bruder Thomas, mit dem er bis zu seinem Tod in einem literarischen Wettstreit stand, den er nicht gewinnen konnte.“

Text: Viola Bolduan / Lesung: Mario Krichbaum

Auszüge aus: Günther Rüther „Heinrich Mann. Ein politischer Träumer / Biographie“. Marix Verlag im Verlagshaus Römerweg. Wiesbaden. 2020. 352 S., 24 €.

*Mario Krichbaum, Schauspieler und Regisseur, geboren 1970 in Darmstadt, sagt, die Schauspielerei sei für ihn Berufung – das Regieführen habe sich zur Passion entwickelt. Nach dem Studium der Germanistik und Politik nahm er in München Schauspielunterricht, hat Hamlet gespielt und das Shakespeare-Stück auch inszeniert. In zahlreichen Filmen hat er schon mitgewirkt und ist hier für den Förderverein in weiteren Podcasts zu hören. 

Die Lesung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Marix Verlags (Verlagshaus Römerweg GmbH). Ihm und dem HMWK danken wir für die Unterstützung dieses Projekts.
 
Gefördert aus Mitteln des HMWK „Hessen kulturell neu eröffnen“, Projekt „Literaturdigialog Hessen“