Am 19. November wird im Theater Basel der Schweizer Buchpreis 2023 verliehen. Demian Lienhards Roman „Mr. Goebbels JazzBand“ ist unter den fünf nominierten Büchern. Im September war der Autor, in Bern geboren und heute in Zürich lebend, Gast des Fördervereins Literaturhaus Wiesbaden und las aus seinem neuen Buch im Roten Salon. Sein vorangegangener Debütroman „Ich bin die, vor der mich meine Mutter immer gewarnt hat“, hatte 2019 schon den Schweizer Literaturpreis erhalten.
Demian Lienhard kann durchaus auch Schwyzerdütsch, obwohl wir es ihm in Wiesbaden nicht anhören. Er, Mitte 30, weiß eine gewisse Parallele zwischen seinem akademischen Beruf als promovierter klassischer Archäologe und seiner schriftstellerischen Tätigkeit zu ziehen: Er gräbt im Roman „Mr. Goebbels JazzBand“ ja die wahre Geschichte einer in Nazi-Deutschland vom Propagandaministerium etablierten Swing-Band für den englischsprachigen Rundfunksender „Germany Calling“ aus – mit seinem damals berühmten Moderator Wilhelm Fröhlich, alias William Joyce, Gründer der Faschistenbewegung in England und den entsprechenden Musikern. Diese Erzählung fußt auf tatsächlichen historischen Ereignissen.
Was Demian Lienhard hinzuerfindet, ist die Art und Weise, wie diese Erzählung ihr Publikum findet. Jetzt treibt er ein sehr raffiniertes Spiel, denn der, der im Roman über Mr. Goebbels Jazzband einen Roman schreiben soll, ist wiederum, wie Lienhard selbst, ein Schweizer Autor – im Unterschied zu ihm aber nicht eben sehr erfolgreich in der Wahrnehmung seines Auftrags. Unter einem Decknamen schreibt der überdies. Und was dieser Fritz Mahler denn doch seiner Nachwelt hinterlassen hat, kommt wiederum auf verschlungenem Wege ins Licht eines Verlags, nachdem ein Demian Lienhard das Manuskript aus dem Fundus fischen muss – angeblich von einem Verwandten verfasst. Dazu gibt es im Nachwort eine subtil verwirrende Erklärung eines Staatsarchivars zuzüglich einer Schlussbemerkung seitens eines Herausgebers namens Demian Lienhard, womit die wahre Autorenschaft eher verschleiert, denn aufgedeckt wäre.
Einmal von der Wiederentdeckung der zu Propagandazwecken gegründeten Jazzband in NS-Zeiten abgesehen, besticht Lienhards Roman durch die in ihm diskutierten Parallelen und Unterschiede zwischen Propaganda und Literatur und vor allem durch das Spiel mit der Urheberschaft dieses Romans, der seine Poetik im Werk selbst nicht nur benennt, sondern sie gleichzeitig auch genauso ausführt. Ich darf, als Moderatorin dieser Lesung im Literaturhaus, ihm den Schweizer Buchpreis herzlichst wünschen.