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Kai Weyand: Die Entdeckung der Fliehkraft


Wallstein Verlag, Göttingen 2019, 197 Seiten


In „Die Entdeckung der Fliehkraft“ erzählt Kai Weyand die Geschichte von Karl Löffelhans, der, Mitte 30, als Lehrer im Gefängnis arbeitet. Er liebt die Welt der Wörter und versucht seine Schüler, die er für den Hauptschulabschluss vorbereiten soll, für Literatur und Lyrik zu begeistern. Seine Liebe zu Ehefrau Lydia hingegen klingt immer mehr ab. Seit der Geburt des Sohnes vor 5 Jahren steckt die Ehe in der Krise. Karl gefällt nicht, dass mit Linus auch „Ernst“ eingezogen ist, sich Lockerheit und Leichtigkeit im Miteinander verflüchtigt haben.

Je schwieriger das Leben in der Beziehung wird, umso mehr flieht er in seine gedanklichen Vorstellungswelten. Irgendwann schickt er spontan einer Zufallsbekannten, Karoline Merlinger, eine Nachricht übers Smartphone und –Imagination bedient Sehnsüchte und setzt Phantasie frei – ein anregender Gedankenaustausch bringt ihm das Prickeln, das ihm in der Beziehung zu Lydia fehlt… Zudem beschäftigt ihn die Reaktion eines Gefangenen auf Rilkes „Der Panther“: Gedichte und Worte änderten die Welt nicht, „ … steht einer auf und geht den Panther befreien? Steht einer auf?“ Karl, der durch sein gedankliches Abwägen schon einen einfachen Blumenkauf zu einem komplizierten Unterfangen machen kann, beschließt zu handeln. Auch wenn sich sein Freiheitskampf erst einmal auf die Abschaffung der eingezäunten Welt von Gartentrampolinen bezieht, hat seine folgende Handlung schwerwiegende Konsequenzen …

Ein fein- und tiefgründiger Humor begleitet diesen Roman, wenn Karl sich an seinen Gedankenflügen, oft selbstverliebt, berauscht. Es ist eine Geschichte voller Hintersinn, die Kai Weyand geschrieben hat, mit weiteren wunderbaren Figuren, die ich Ihnen hier noch vorenthalten habe …

Rita Thies